Fremdgeschäftsführer einer GmbH als Arbeitnehmer im Sinne des BUrlG

08.04.2024
Wirtschaft, Gesellschaft & Handel 2/2024
2 Minuten

Auch GmbH-Fremdgeschäftsführer können Arbeitnehmer im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes sein. Maßgeblich ist insoweit der Arbeitnehmer-Begriff des Unionsrechts (BGH, Urt. v. 25.7.2023, Az. 9 AZR 43/22).

Worum geht es?

Gegenstand des Rechtsstreites war insbesondere die Frage, inwieweit eine GmbH-Geschäftsführerin Urlaubsabgeltung beanspruchen kann. Die Klägerin war zunächst lange Zeit als Arbeitnehmerin bei der zur Unternehmensgruppe der Beklagten gehörenden Z GmbH beschäftigt. Später wurde sie dann als Geschäftsführerin eingesetzt.

Nach Anweisung der Geschäftsführung der Beklagten wurde die tägliche Arbeitszeit der Klägerin auf 7:00-18:00 Uhr festgelegt. Zudem waren bestimmte Leistungen der Klägerin vorgegeben. Insgesamt musste ein wöchentlicher Nachweis von 40 Telefonaten und 20 Besuchen erbracht werden. Im September 2019 legte die Klägerin ihr Amt als Geschäftsführerin nieder und kündigte im Folgemonat das Anstellungsverhältnis. Ab diesem Zeitpunkt bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses zum 30. Juni 2020 war sie arbeitsunfähig erkrankt und erbrachte keine Leistungen mehr.

Die Klägerin beanspruchte von der Beklagten Urlaubsabgeltung, da sie nicht alle Urlaubstage genommen hätte. Zur Begründung führte sie ihre weisungsgebundene Beschäftigung als Arbeitnehmerin an. Demgegenüber vertrat die Beklagte die Auffassung, dass ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung schon in Ermangelung eines Arbeitsverhältnisses ausscheide. Die Vorinstanzen entschieden im Sinne der Klägerin.

Wie entschied das Gericht?

Das BAG schloss sich diesen Entscheidungen an und sprach der Klägerin einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung zu. Aus der EU-richtlinienkonformen Auslegung ergebe sich, dass die Klägerin als Fremdgeschäftsführerin Urlaubsabgeltung nach § 7 IV BUrlG verlangen könne.

Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer nach § 1 BUrlG in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass das BUrlG die Vorgaben des Art. 7 der unionsrechtlichen Richtlinie 2003/88/EG (Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung) umsetzt. Dementsprechend müssen nationale Gerichte, zur Erreichung des festgelegten Ziels der Richtlinie, das BUrlG anhand des Wortlauts und des Zwecks eben dieser auslegen. Infolgedessen sei der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff maßgeblich.

Nach dem EuGH ist Arbeitnehmer jeder, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, soweit diese nicht von so geringem Umfang ist, dass sie völlig untergeordnet und unwesentlich ist. Wesentlich für die Einordnung soll dabei die weisungsabhängige Leistungserbringung innerhalb eines bestimmten Zeitraums sein, für die als Gegenleistung eine Vergütung erzielt wird. Unter Berücksichtigung dessen können auch Geschäftsführer als Arbeitnehmer zu qualifizieren sein. In die Gesamtabwägung seien die Bedingungen einzubeziehen, unter denen die Bestellung erfolgt ist, die Art der übertragenen Aufgaben, des Rahmens, in dem diese Aufgaben erbracht werden und der Umfang der Befugnisse.

Vor diesem Hintergrund kam das BAG vorliegend zu dem Ergebnis, dass die Klägerin Arbeitnehmerin im Sinne des Unionsrechts ist. Eine weisungsgebundene Tätigkeit ergab sich insbesondere aus der Festlegung der täglichen Arbeitszeit und der Vorgabe arbeitnehmer-typischer Aufgaben.

Praxishinweis

Geschäftsführer gelten nicht als Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG, sodass ihnen der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich versperrt ist, unabhängig davon, ob der nationale oder der unionsrechtliche Begriff zugrunde gelegt wird. Sobald die Organstellung endet, entfällt die Sperrwirkung jedoch und der Geschäftsführer kann vor den Arbeitsgerichten aus dem der Organstellung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis klagen.

Bildnachweis:Bjoern Wylezich/Stock-Fotografie-ID:1748834520

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