BSG überrascht im Fall Samuel Koch – Unfall bei „Wetten, dass..?“ muss neu geprüft werden

10.10.2025
Arbeitsrecht
2 Minuten

Fast 15 Jahre nach seinem tragischen Unfall bei der ZDF-Sendung „Wetten, dass..?“ beschäftigt der Fall Samuel Koch erneut die Sozialgerichtsbarkeit. Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat am 24. September 2025 (Az. B 2 U 12/23 R) entschieden, dass das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg den Fall neu verhandeln muss. Grund dafür ist eine bisher unbeachtete Vorschrift des Sozialgesetzbuches die nun doch noch einen Versicherungsschutz eröffnen könnte.

Hintergrund: Der Unfall bei „Wetten, dass..?“

Am 4. Dezember 2010 stürzte der damals erst 23-jährige Samuel Koch bei seinem Auftritt in der ZDF-Show schwer. Er wettete mit Sprungfedern in einer Reihe von Vorwärtssaltos über fünf ihm entgegenfahrende Autos zu springen. Beim vierten Fahrzeug, welches von seinem Vater gesteuert wurde, kam es zum folgenschweren Unfall. Seitdem ist Samuel Koch querschnittsgelähmt.

Zehn Jahre später beantragte er, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen, da er während der Fernsehsendung für eine öffentlich-rechtliche Anstalt gearbeitet habe, ähnlich wie ein ehrenamtlich Tätiger. Doch sowohl die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft als auch das Sozialgericht Mannheim und das LSG Baden-Württemberg lehnten dies ab. Nach ihrer Auffassung sei Koch weder Beschäftigter noch einem Beschäftigten gleichgestellt gewesen. Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII komme nicht in Betracht, da sein Auftritt nicht selbstlos, sondern eigenwirtschaftlich motiviert gewesen sei, da er die Wette gewinnen, sich sportlich beweisen und bekannt werden wollte. Das ZDF hatte lediglich seine Reisekosten übernommen.

BSG: Möglicher Versicherungsschutz als „nicht versicherter Unternehmer“

Das BSG bestätigte zwar, dass Samuel Koch nicht als Beschäftigter oder Ehrenamtlicher im Sinne des SGB VII tätig war. Dennoch stoppte das Gericht die bisherige Rechtsauffassung der Vorinstanzen, da ein bislang übersehener Versicherungstatbestand, nämlich § 105 Abs. 2 SGB VII greifen könnte.

Diese Vorschrift sieht vor, dass auch nicht versicherte Unternehmer unter bestimmten Umständen wie Versicherte behandelt werden können. Das gilt, wenn sie durch eine Person verletzt werden, die für ihren „Betrieb“ tätig wird, und gegen die zivilrechtlich keine Schadensersatzansprüche bestehen, weil ein Haftungsprivileg greift. Dies liegt beispielsweise dann vor, wenn die Schädigung innerhalb eines Betriebs passiert, ein Mitarbeiter etwa für den Unfall des Chefs verantwortlich ist.

Im konkreten Fall könnte diese Konstellation vorliegen, wenn der Unfall durch das Handeln des Vaters als Fahrer im Rahmen einer „betrieblichen“ Tätigkeit innerhalb des Wett-Teams geschah. Damit wäre eine Gleichstellung mit Versicherten denkbar.

BSG: „Das muss das LSG jetzt nachholen“

Da die Tatsacheninstanzen diesen Aspekt bislang nicht geprüft haben, verwies das BSG den Fall zurück. Das LSG Baden-Württemberg muss nun im Detail feststellen, wie das Wett-Team organisiert war, welche Rollen die Beteiligten hatten und ob ein Haftungsprivileg gemäß § 105 Abs. 2 SGB VII greifen könnte.

Die Vorsitzende Richterin Dr. Elke Roos betonte in der mündlichen Verhandlung, es müsse nun „durchdekliniert“ werden, welche rechtliche Struktur die Zusammenarbeit innerhalb des Teams hatte. Entscheidend sei, ob Samuel Koch in der Funktion eines Unternehmers auftrat und der Unfall durch eine seiner „Mitarbeitspersonen“ verursacht wurde.

Fazit

Das Verfahren zeigt, wie komplex die Abgrenzung des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes in atypischen Konstellationen sein kann, insbesondere wenn klassische Arbeitsverhältnisse oder ehrenamtliche Tätigkeiten fehlen.

Die Entscheidung des BSG eröffnet die Möglichkeit, auch Personen in künstlerisch oder selbstorganisiert ausgeführten Tätigkeiten unter bestimmten Umständen in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung einzubeziehen. Gleichzeitig erinnert der Fall daran, dass Sozialgerichte bei der Prüfung des Versicherungsschutzes sämtliche in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen (auch weniger bekannte) heranziehen müssen.

Ob Samuel Koch nach fast 15 Jahren doch noch Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung erhält, bleibt offen. Sicher ist jedoch, dass das BSG den Fall in eine neue Richtung gelenkt hat. Das LSG Baden-Württemberg muss die „Wette“ nun juristisch neu bewerten.

Bildnachweis: IMAGO / teutopress / 57057551

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