Anwendung von Gesellschafterdarlehensrecht trotz fehlender Beteiligung der Komplementär-GmbH

21.01.2025
Wirtschaft, Gesellschaft und Handel 1/2025
3 Minuten

Eine fehlende Beteiligung der Komplementär-GmbH am Kapital der darlehensnehmenden GmbH & Co. KG steht einer Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf den Gesellschafter der Komplementär-GmbH nicht entgegen. (BGH v. 7.11.2024 - IX ZR 216/22)

Der Sachverhalt

Der Kläger ist Verwalter des am 5.3.2018 eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A-GmbH. Der Beklagte ist Verwalter des am 20.2.2015 eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A-GmbH & Co. KG (Schuldnerin). Beide Unternehmen gehörten zur sogenannten A-Gruppe. Alleingesellschafter der A-GmbH und zugleich bis zum 4.5.2016 deren alleiniger Geschäftsführer war H.

Komplementärin der Schuldnerin war die A-Beteiligungs-GmbH (Komplementär-GmbH), an der H zu 10 % und B zu 90 % beteiligt waren. Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war B und bis zum 12.8.2014 auch H. Die Komplementär-GmbH war am Kapital der Schuldnerin nicht beteiligt. Einziger Kommanditist der Schuldnerin war B.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin meldete die A-GmbH bei dem Beklagten eine Forderung in Höhe von rund 90.000 Euro mit der Bezeichnung "Darlehen" im Rang des § 38 InsO zur Insolvenztabelle an. Es wurde geltend gemacht, die angemeldete Forderung beruhe auf einem mit der Schuldnerin am 1.7.2010 geschlossenen Darlehensvertrag. Der Beklagte widersprach dem geltend gemachten Rang, weil die Forderung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig sei. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A-GmbH erhob der Kläger Klage auf Feststellung der Darlehensforderung im Rang des § 38 InsO.

LG und OLG wiesen die Feststellungsklage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe

Umstritten ist, unter welchen Voraussetzungen ein Darlehen, welches der das Darlehen nehmenden GmbH & Co. KG von dem nur an der Komplementär-GmbH beteiligten Gesellschafter gewährt wird, dem Gesellschafterdarlehensrecht unterfällt. Für die Frage einer maßgeblichen Beteiligung an der darlehensgebenden Gesellschaft hat der BGH bereits die Stellung als (Allein-)Gesellschafter der Komplementär-GmbH der als GmbH & Co. KG verfassten Darlehensgeberin unabhängig von einer Kapitalbeteiligung der GmbH an der KG für ausreichend gehalten, da die Komplementär-GmbH und damit auch deren Alleingesellschafter einen bestimmenden Einfluss auf die Handlungen der das Darlehen gebenden GmbH & Co. KG ausüben konnten (BGH, Urt. v. 15.11.2018 – IX ZR 39/18).

Geht es wie hier um die mittelbare Beteiligung an der darlehensnehmenden Gesellschaft, entscheidet nicht der bestimmende Einfluss. Es muss daher berücksichtigt werden, dass die Darlehensgewährung an eine GmbH & Co. KG vorbehaltlich abweichender Regelungen dem mittelbar über die Komplementär-GmbH Beteiligten nicht über ein (abgeleitetes) Gewinnbezugsrecht zugutekommt, wenn es an einer Beteiligung der Komplementär-GmbH am Kapital der KG fehlt. Gleichwohl ist die Annahme einer Rechtshandlung, die einem Gesellschafterdarlehen entspricht, auch in diesem Fall nicht ausgeschlossen.

§ 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 2. Var. InsO erfasst Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen. Leitbild für die Bestimmung des Anwendungsbereichs ist daher der Begriff des Gesellschafterdarlehens aus der Variante 1. Wer Gesellschafter in diesem Sinne ist, richtet sich zunächst nach gesellschaftsrechtlichen Maßstäben. Gesellschafter sind daher alle an der Schuldnerin unmittelbar beteiligten formalen Gesellschafter. Ein Kapitalanteil an der Gesellschaft ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht vorausgesetzt. Sinn und Zweck des Gesellschafterdarlehensrechts erfordern keine einschränkende Auslegung des Wortlauts. Zwar liegt der wesentliche Grund der Nachrangigkeit darin, dass der Gesellschafter eine Geschäftstätigkeit (fremd-)finanziert, die ihm mittelbar über seine Stellung als Gesellschafter zugutekommt. Das bedeutet jedoch nicht, dass es zwingend eines Kapitalanteils bedarf. Das für die Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts erforderliche Eigeninteresse kann auch in einer Lenkung der Geschäftstätigkeit zum Ausdruck kommen.

Für die hier zu beurteilende mittelbare Beteiligung über die Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG gilt nichts anderes. Da es für die unmittelbare Gesellschafterstellung keines Kapitalanteils bedarf, steht die fehlende Beteiligung der Komplementär-GmbH am Kapital der darlehensnehmenden GmbH & Co. KG einer Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf den Gesellschafter der Komplementär-GmbH nicht entgegen. Ist dieser zugleich in maßgeblicher Weise an der darlehensgebenden Gesellschaft beteiligt, ist deren Darlehensrückzahlungsanspruch vorbehaltlich eines Eingreifens des Kleinbeteiligtenprivilegs nachrangig.

Vorliegend bestand danach eine hinreichende Verbindung zur darlehensnehmenden Schuldnerin. H war als Gesellschafter der Komplementär-GmbH mittelbarer Gesellschafter der Schuldnerin. Das Kleinbeteiligtenprivileg greift zu seinen Gunsten nicht ein, weil er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH auch die Geschäfte der Schuldnerin führte.

Bildnachweis:Ralf Geithe/Stock-Fotografie-ID:945026672

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