Liegt ein wichtiger Grund für den Ausschluss eines Kommanditisten vor, muss die gesellschaftsvertraglich vorgesehene Beschlussfassung hierüber nicht unverzüglich erfolgen (OLG Hamm, Urt. v. 01.03.2023, Az. 8 U 48/22).
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschluss über den Ausschluss des Klägers aus einer Kommanditgesellschaft. § 13 I des Gesellschaftsvertrags regelt den Ausschluss eines Gesellschafters. Ein solcher kann von den übrigen Gesellschaftern mit der Mehrheit aller ihrer Stimmen aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn in seiner Person ein wichtiger Grund liegt.
Der Kläger und die Beklagten zu 1 und 2 waren Kommanditisten einer GmbH & Co. KG (im Folgenden A-KG). Komplementärin ist die Beklagte zu 3, deren Gesellschafter ebenfalls der Kläger und die Beklagten zu 1 und 2 sind. Der Kläger ist zudem geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH (im Folgenden B-GmbH). Der Beklagte zu 1 ist seit 2006 bei dieser beschäftigt. Die Produktion der A-KG fand in den Räumlichkeiten und mit den Maschinen der B-GmbH statt, die diese unentgeltlich zur Verfügung stellte. Die B-GmbH produzierte im Auftrag der A-KG Möbel gegen Berechnung der Produktionskosten. Die Zusammenarbeit beruhte auf Vereinbarung der Parteien.
Der Beklagte zu 1 verwendete seine eigentlich für die B-GmbH zu erbringende Arbeitszeit zu einem erheblichen Teil für die A-KG. Der Kläger forderte ihn daher nach einiger Zeit auf, das Beschäftigungsverhältnis mit der B-GmbH zu beenden, um eine ‘‘Querfinanzierung‘‘ der A-KG zu vermeiden. Er verwies den Beklagten zu 1 aus den Räumlichkeiten der B-GmbH und beschloss, Mitarbeiter der A-KG dürfen diese nur noch mit Mitarbeitern der B-GmbH betreten. Darüber hinaus ließ er die Server sperren, was den Zugriff aller Mitarbeiter für geraume Zeit unmöglich machte. Nachdem der Beklagte zu 1 die Aufforderung zur Kündigung ablehnte, kündigte der Kläger ihm.
Einige Zeit später erfolgte eine Gesellschafterversammlung, in welcher der Ausschluss des Klägers aus der A-KG nach § 13 des Gesellschaftsvertrags beschlossen wurde. Als Pflichtverletzung wurde der Sachverhalt rund um den Beklagten zu 1 angegeben. Die Umstände des Geschehens erfüllten den Straftatbestand der versuchten Nötigung nach §§ 22, 240 StGB.
Der Kläger beantragte eine einstweilige Verfügung zur Wiederherstellung seiner Gesellschafterstellung. Die Beklagten zu 1 und 2 kündigten ihre Gesellschafterstellung unter der Bedingung, dass der Kläger nicht wirksam ausgeschlossen wurde. Das Landgericht hat der Klage des Klägers in vollem Umfang stattgegeben, der Gesellschafterbeschluss über den Ausschluss sei nichtig.
Dagegen haben die Beklagten Berufung eingelegt, mit der sie weiterhin die Klageabweisung anstrebten.
Das OLG Hamm entschied, die Berufung habe Erfolg, der Gesellschafterbeschluss über den Ausschluss des Klägers sei wirksam. Voraussetzung für den Ausschluss sei ein wichtiger Grund im Sinne des § 13 des Gesellschaftsvertrags in Verbindung mit §§ 130, 140, 161 II HGB. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Auszuschließenden für die übrigen Gesellschafter unzumutbar ist. Eine Entscheidung hierüber erfordert eine Würdigung aller Umstände, vor allem Art und Schwere des Fehlverhaltens des Auszuscheidenden sind zu berücksichtigen. Zudem dürfen die Umstände, aus denen sich der wichtige Grund ergibt, grundsätzlich nicht lange zurückliegen, weil ein längeres Zuwarten eine tatsächliche Vermutung gegen die Unzumutbarkeit einer weiteren Zusammenarbeit begründen kann.
Der Kläger verstieß mit seinem Verhalten erheblich gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gegenüber den Beklagten zu 1 und 2, wodurch eine weitere Zusammenarbeit mit ihm als Kommanditist unzumutbar wurde. Das Hausverbot und die Sperrung der Server betraf nicht nur das Arbeitsverhältnis des Beklagten zu 1, sondern wegen der engen wirtschaftlichen Verflechtung unmittelbar auch das Gesellschafterverhältnis der A-KG. Auch die Kündigung erschütterte wegen der Personenidentität im Gesellschaftsverhältnis auch das Vertrauensverhältnis der Gesellschafter der A-KG.
Dass zwischen dem die Pflichtverletzung begründenden Verhalten und dem tatsächlichen Beschluss über den Ausschluss des Klägers einige Zeit vergangen sei, vermag hieran nichts zu ändern. Es begründe keine tatsächliche Vermutung, dass eine Zusammenarbeit mit dem Kläger weiterhin zumutbar sei. Eine starre Ausschlussfrist gäbe es nicht und den Beklagten durfte zugebilligt werden, die Folgen eines Ausschlusses erst einmal zu bedenken und vor allem die berechtigten Interessen der A-KG zu berücksichtigen.
Zögern die Gesellschafter den Ausschluss eines Kommanditisten über einen längeren Zeitraum ohne erkennbaren Grund hinaus, kann dies dafür sprechen, dass der Kündigungsgrund im Laufe der Zeit an Gewicht verloren hat und die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit dem ausgeschlossenen Gesellschafter nicht unzumutbar ist. Im Ergebnis kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.