Zwar soll die Bezeichnung „Likör ohne Ei“ dem Verbraucher nahelegen, dass das Produkt geschmacklich einem klassischen Eierlikör ähnelt. Zugleich soll aber gerade nicht der Eindruck entstehen, es handele sich tatsächlich um Eierlikör, dessen wesentliche Zutat Eier sind. (LG Kiel v. 28.10.2025 - 15 O 28/24)
Der Kläger ist als qualifizierter Wirtschaftsverband nach § 8b UWG eingetragen. Die Beklagte stellt seit 2019 Spirituosen her und vertreibt u.a. einen veganen „Likör ohne Ei“ sowie einen Eierlikör, der den Vorgaben der „Spirituosen-Grundverordnung“ (VO (EU) 2019/787) entspricht. Der Vertrieb erfolgt über den eigenen Onlineshop, den Lebensmitteleinzelhandel und über von Dritten betriebene Internetshops.
Für den veganen Likör warb die Beklagte u.a. mit den Slogans „Der vegane Eierlikör ist der Hammer …!“ und „Kaum von regulärem Eierlikör zu unterscheiden.“ Nach einem Testkauf am 4.6.2024 forderte der Kläger sie auf, zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Er rügte, die Beklagte verwende den geschützten Begriff „Eierlikör“ und verstoße damit gegen Art. 10 Abs. 7 VO (EU) 2019/787. Auf den konkreten Kontext oder eine tatsächliche Verbraucherirreführung komme es hierbei nicht an.
Die Beklagte gab eine solche in modifizierter Form ab. Der Kläger akzeptierte die Erklärung, jedoch machte er geltend, dass die vorgelegte Unterlassungserklärung nicht ausreichend sei. Hinsichtlich der Begriffe "Likör ohne Ei", "Likör ohne Eier" sowie "Alternative zu Eierlikör" und für die grafische Ausgestaltung der Flaschenetiketten mit Hahn- bzw. Hühnerabbildung sei keine Unterlassungserklärung abgegeben worden. Zudem fand sich auf Internetseiten weiterhin die Bezeichnung "Eierlikör".
Das LG gab der Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 5.000 € statt und wies den Unterlassungsanspruch zurück.
Ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8, 3a UWG besteht nicht. Die Beklagte verstößt weder gegen Art. 10 Abs. 7 VO (EU) 2019/787 noch darüber hinaus, da sie insoweit bereits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat.
Zwar erfüllt das vegane Getränk nicht die Anforderungen an „Eierlikör“ nach Anhang I Nr. 39 der Verordnung. Da die Beklagte es aber als „Likör ohne Ei“ und gerade nicht als „Eierlikör“ bezeichnet, verwendet sie die geschützte Verkehrsbezeichnung weder unmittelbar noch in Zusammensetzungen wie „Art“, „Typ“, „Stil“ oder ähnlichen Zusätzen. Auch eine unzulässige Anspielung liegt nicht vor.
Art. 12 VO (EU) 2019/787 zeigt, dass Anspielungen grundsätzlich verboten sind, sie sind jedoch nur dann gegeben, wenn der Verbraucher über die Produktart irregeführt wird oder das Ansehen traditioneller Spirituosen ausgenutzt oder beeinträchtigt wird. Dies ist bei „Likör ohne Ei“ nicht der Fall. Der Begriff soll lediglich deutlich machen, dass das Produkt geschmacklich an Eierlikör erinnert, ohne selbst Eier zu enthalten. Der durchschnittliche, verständige Verbraucher erkennt, insbesondere wegen des mehrfach hervorgehobenen Zusatzes „vegan“, die klare Abgrenzung zum geschützten Begriff „Eierlikör“.
Soweit der Kläger eine Vertragsstrafe von 5.000 € verlangte, war die Klage jedoch begründet. Die Beklagte hat gegen ihre Unterlassungsverpflichtung verstoßen, weil die zugesagten Bezeichnungen „Eierlikör ohne Eier“ und „veganer Eierlikör“ nicht vollständig von ihrer Internetseite entfernt worden waren.
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