Haftungsvergleiche im Dieselskandal

10.11.2025
Wirtschaft, Gesellschaft & Handel 4/2025
2 Minuten

Der Beschluss der Hauptversammlung der Volkswagen AG, dem Deckungsvergleich mit den D&O-Versicherern im sog. „Dieselskandal“ zuzustimmen, ist nichtig. Auskünfte zu den Vermögensverhältnissen der ehemaligen Vorstandsmitglieder sind für die Entscheidung der Aktionäre über die Haftungsvergleiche nicht unerheblich. (BGH v. 30.9.2025 - II ZR 154/23)

Der Sachverhalt:

Die Volkswagen AG schloss im Juni 2021 Haftungsvergleiche mit ihrem früheren Vorstandsvorsitzenden und einem weiteren Ex-Vorstand sowie entsprechende Deckungsvergleiche mit D&O-Versicherern, um alle in Betracht kommenden Schadensersatz- und Deckungsansprüche im Zusammenhang mit dem „Dieselskandal“ beizulegen. Nach internen Untersuchungen war der Konzern zu der Einschätzung gelangt, dass die beiden vormaligen Vorstandsmitglieder ihre Sorgfaltspflichten fahrlässig verletzt hatten, weil sie Hinweisen auf unzulässige Abschaltsoftware nicht unverzüglich nachgegangen waren.

Die Vergleiche sahen „Eigenbeiträge“ der ehemaligen Vorstände von 11,2 Mio. € bzw. 4,1 Mio. € sowie Leistungen der D&O-Versicherer von rund 270 Mio. € vor. Im Gegenzug verpflichtete sich die Volkswagen AG, die beiden von bestimmten Drittansprüchen freizustellen und weitere frühere bzw. aktuelle Organmitglieder dauerhaft nicht mehr in Anspruch zu nehmen.

Die Hauptversammlung stimmte den Vereinbarungen am 22.7.2021 mit über 99 % Mehrheit zu. Die klagenden Kapitalanlegerschutzvereinigungen, selbst Aktionäre, erhoben Widerspruch und hielten die Zustimmungsbeschlüsse für nichtig bzw. zumindest anfechtbar.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Revision der Kläger und ihres Streithelfers hatte in wesentlichen Punkten Erfolg.

Zu den Gründen der Entscheidung:

Die Zustimmungsbeschlüsse sind zwar weder wegen eines Verstoßes gegen das Einlagenrückgewährverbot gem. § 57 Abs. 1 AktG noch wegen Nichteinhaltung der dreijährigen Sperrfrist des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG nichtig. Der Beschluss über die Zustimmung zum Deckungsvergleich ist jedoch wegen Gesetzesverstoßes anfechtbar und daher für nichtig zu erklären.

In der Einberufung zur Hauptversammlung wurde in der Tagesordnung nicht klar mitgeteilt, dass der Deckungsvergleich einen Verzicht gegenüber sämtlichen amtierenden und ehemaligen Organmitgliedern enthält, der nach § 93 Abs. 4 S. 3, § 117 Abs. 4 AktG zustimmungspflichtig ist. Hinweise im Vorstandsbericht genügen insoweit nicht, da sie nicht Bestandteil der Tagesordnung sind. Ein durchschnittlicher Aktionär musste nicht erwarten, dass ein solcher Verzicht nur in ergänzenden Informationen erläutert wird.

Auch die Ablehnung einer Anfechtung wegen angeblich unerheblicher Verletzung des Fragerechts (§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 COVMG a.F.) durch das OLG hielt einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Angaben zur Vermögenslage der Ex-Vorstände waren wesentlich, weil Vorstand und Aufsichtsrat den Vergleich mit deren begrenzter Leistungsfähigkeit begründet hatten. Die erteilten Informationen, etwa zu Einkommen, genügten dafür nicht.

Der BGH konnte daher nicht feststellen, dass die Aktionäre ausreichend informiert waren, und verwies insoweit an das OLG zurück.

Bildnachweis:Jona Bastian/Stock-Fotografie-ID:1026019564

Immer bestens informiert mit den Newslettern von SCHOMERUS

Steuerberatung und Rechtsberatung
Schomerus & Partner mbB
Steuerberater Rechtsanwälte
Wirtschaftsprüfer
Wirtschaftsprüfung
Hamburger Treuhand Gesellschaft
Schomerus & Partner mbB
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
München
Atelierstraße 1
81671 München
Hamburg
Deichstraße 1
20459 Hamburg
Pixel