Ein Vorstand einer AG und ein Geschäftsführer einer GmbH haften nicht persönlich für Geldbußen eines Unternehmens (OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.07.2023, Az. VI-6 U 1/22).
Die Klägerinnen nehmen den Beklagten aus Organhaftung wegen der Beteiligung an wettbewerbswidrigen Kartellabsprachen und -abstimmungen an einem Edelstahlkartell auf Schadensersatz in Anspruch. Die klagende GmbH fordert von dem ehemaligen Geschäftsführer Schadensersatz in Höhe des gegen das Unternehmen festgesetzten Bußgelds. Die klagende AG, ein mit der GmbH verbundenes Edelstahlunternehmen, dessen Vorstand der GmbH-Geschäftsführer ebenfalls war, verlangt Erstattung von Aufklärungs- und Rechtsanwaltskosten.
In seine Funktionen als Geschäftsführer der GmbH und Vorstandsvorsitzender der AG hatte der Beklagte in der Zeit von Juli 2002 bis Ende 2015 regelmäßig an dem Austausch wettbewerblich sensibler Informationen teilgenommen. Das Bundeskartellamt hatte in dem anschließenden Bußgeldverfahren gegen zehn Edelstahlunternehmen, zwei Branchenverbände und siebzehn verantwortliche Personen, darunter dem Beklagten, Geldbußen in Millionenhöhe verhängt.
Das Landgericht Düsseldorf hat die Klage hinsichtlich des Bußgeldes sowie der geltend gemachten Aufklärungs- und Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Es hatte aber festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, den Klägerinnen Schadensersatz für alle weiteren Zukunftsschäden zu leisten, die aus dem Wettbewerbsverstoß resultierten.
Auch vor dem OLG Düsseldorf blieben beide Klagen erfolglos. Nach Ansicht des Gerichts scheide eine persönliche Haftung des Geschäftsführers oder Vorstands für Kartellbußen eines Unternehmens aus, da sonst die kartellrechtliche Wertung unterlaufen würde, wonach getrennte Bußgelder gegen die handelnde Person und das Unternehmen selbst festgesetzt werden.
Durch den Rückgriff auf den Geschäftsführer bestehe darüber hinaus die Gefahr, dass der Sanktionszweck eines Unternehmensbußgelds gefährdet werde. So könnten Unternehmen sich durch den Rückgriff auf Geschäftsführer und Vorstände faktisch ihrer kartellrechtlichen Bußgeldverantwortung entziehen.
Da die Aufklärungs- und Verteidigerkosten der AG im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Bußgeldverfahren gegen das Unternehmen vor dem Bundeskartellamt stünden, könnten diese Kosten ebenfalls nicht erstattet verlangt werden.
Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers/Vorstands scheidet für Kartellbußen eines Unternehmens aus. Andernfalls würde die kartellrechtliche Wertung unterlaufen, wonach getrennte Bußgelder gegen die handelnde Person und das Unternehmen selbst festgesetzt werden.
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