Klagt ein OHG-Gesellschafter nach §§ 116 Abs. 5, 124 Abs. 5 HGB auf Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, muss er alle übrigen nicht zustimmenden Gesellschafter auf Zustimmung mitverklagen (notwendige Streitgenossenschaft, § 62 Abs. 1 2. Alt. ZPO). Treten in der Berufungsinstanz neue Gesellschafter hinzu, können diese nicht mehr wirksam per Anschlussberufung (§ 524 ZPO) einbezogen werden. (OLG Hamm v. 27.8.2025 - 8 U 131/23)
Der Kläger und der Beklagte zu 1) sind Mitgesellschafter der Beklagten zu 3), der H. OHG, sowie der N. KG, vormals N. OHG. Der Beklagte zu 1) ist zudem Rechtsanwalt und jeweils alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer dieser beiden Gesellschaften. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Beklagten zu 1), wie vom Kläger begehrt, die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht für beide Gesellschaften entzogen werden soll.
Gestützt auf die Zustimmung und Ermächtigung der Gesellschafterin der Beklagten zu 3), Frau I., erhob der Kläger die vorliegende Klage zunächst gegen die ursprünglichen Beklagten zu 1) bis 5). Während des erstinstanzlichen Verfahrens verstarb der damalige Beklagte zu 4). Der Kläger bezog daraufhin dessen Rechtsnachfolger, die Beklagten zu 6) bis 8), in das Verfahren ein. Er begehrt, dem Beklagten zu 1) die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis für beide Gesellschaften zu entziehen und die jeweiligen Mitgesellschafter zur Zustimmung zu dieser Maßnahme zu verurteilen.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Hiergegen legten die Beklagten Berufung ein. Dem unstreitigen Eintritt weiterer Gesellschafter in die Beklagte zu 3) und die N. OHG trug der Kläger mit der Anschlussberufung Rechnung. Mit ihr begehrte er subjektiv und objektiv klageerweiternd, auch die Beklagten zu 9) und 10) zu verurteilen, der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht zuzustimmen. Die Beklagten traten der Anschlussberufung entgegen; die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz sei mangels Zustimmung der neuen Beklagten zu 9) und zu 10) unzulässig.
Nachdem der Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung Hinweise zu seiner vorläufigen Einschätzung der Sach- und Rechtslage gegeben hatte, erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt und beantragten jeweils, der Gegenseite die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit im Berufungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, war nur noch nach § 91a Abs. 1 ZPO über die Kosten beider Instanzen nach billigem Ermessen zu entscheiden. Der Senat hat die Kosten der ersten Instanz wie das LG verteilt, da die Klage auf Grundlage des damaligen Sachvortrags zutreffend als zulässig und begründet angesehen werden konnte.
Erst der unstreitige Beitritt der Beklagten zu 9) und 10) als neue Gesellschafter in der Berufungsinstanz machte die Gestaltungs- und Zustimmungsklage unzulässig. Gleichwohl mussten die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 8) ihre Berufungskosten selbst tragen, weil ihr voraussichtlicher Erfolg im Wesentlichen auf neuem Tatsachenvortrag beruhte, der bereits in erster Instanz möglich gewesen wäre. Die anteiligen Kosten, die auf die von vornherein unzulässige Anschlussberufung entfallen, sowie die außergerichtlichen Kosten der dadurch erst in den Prozess einbezogenen Beklagten zu 9) und 10) hat der Kläger zu tragen.
Materiellrechtlich gilt: Erhebt ein OHG-Gesellschafter mit Zustimmung eines Teils der Mitgesellschafter eine Gestaltungsklage nach §§ 116 Abs. 5, 124 Abs. 5 HGB auf Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, muss er alle übrigen nicht zustimmenden Gesellschafter auf Zustimmung verklagen (notwendige Streitgenossenschaft, § 62 Abs. 1 2. Alt. ZPO). Treten in der Berufungsinstanz neue Gesellschafter hinzu, können diese nicht wirksam im Wege der Anschlussberufung (§ 524 ZPO) einbezogen werden. Die Entziehungs- und Zustimmungsklage wird dann insgesamt unzulässig. Bei der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO darf das Gericht berücksichtigen, dass die Klage nach dem erstinstanzlichen Sach- und Streitstand zunächst zulässig und begründet war und erst durch neue, nicht präkludierte Tatsachen in der zweiten Instanz unzulässig wurde.
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