EuGH erleichtert Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen – materielle Voraussetzungen genügen

12.12.2025
Steuern und Wirtschaft
2 Minuten

Der EuGH hat in einer aktuellen Entscheidung die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen weiter konkretisiert (EuGH, Urteil vom 01.08.2025 – Rs. C 602/24 – W. sp. z o.o.). Nach dem Urteil kann eine Lieferung auch dann steuerfrei sein, wenn der Lieferer selbst keine vollständigen Ausfuhrnachweise vorlegen kann oder von der tatsächlichen Ausfuhr nichts wusste – vorausgesetzt, die Behörden können zuverlässig feststellen, dass die Ware tatsächlich in ein Drittland gelangt ist.

Ausgangspunkt des Verfahrens

In einem polnischen Streitfall wurden Waren an einen Abnehmer geliefert, welcher die Beförderung eigenverantwortlich organisierte. Der Lieferer behandelte die Vorgänge als innergemeinschaftliche Lieferungen. Erst später stellte sich heraus, dass der Abnehmer die Waren nicht innerhalb der EU weiterbefördert, sondern unmittelbar in ein Drittland exportiert hatte.

Die Steuerverwaltung verneinte sowohl die innergemeinschaftliche Lieferung als auch die Ausfuhrlieferung und forderte Umsatzsteuer nach. Dass die Ware objektiv ausgeführt worden war, war zwar dokumentiert, allerdings nicht durch Unterlagen des Lieferers selbst.

Kernaussagen des EuGH

Der EuGH betont, dass für die Steuerbefreiung entscheidend ist, ob die Lieferung nachweislich zu einer Ausfuhr geführt hat. Liegen dafür objektive Erkenntnisse vor – etwa aufgrund von Zollunterlagen oder behördlichen Ermittlungen –, darf die Befreiung nicht allein mit der Begründung versagt werden, dass der Lieferer formal unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat.

Formelle Fehler oder eine anfänglich falsche Einordnung der Lieferung stehen der Steuerbefreiung damit nicht entgegen, wenn die wesentlichen materiellen Kriterien zweifelsfrei erfüllt sind. Nur wenn die Nachweislage insgesamt unsicher bleibt oder eine Beteiligung an steuerlich missbräuchlichen Vorgängen vorliegt, ist eine Versagung gerechtfertigt.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung verschiebt den Fokus weiter hin zu einer materiell-rechtlichen Betrachtung. Für Unternehmen bedeutet dies:

  • Eine Ausfuhrlieferung bleibt steuerfrei, wenn die tatsächliche Ausfuhr objektiv feststeht – unabhängig davon, ob der Lieferer selbst die Transportdokumente besitzt.

  • Fehlerhafte oder unvollständige Unterlagen führen nicht automatisch zu einer Steuerschuld, sofern behördliche Informationen die Ausfuhr belegen.

  • Die steuerliche Behandlung kann korrigiert werden, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine Lieferung doch ins Drittland gelangt ist.

  • Damit sinkt das Risiko, dass Unternehmen wegen formaler Mängel Umsatzsteuer nachzahlen müssen, obwohl die Ware tatsächlich ausgeführt wurde.

Praxishinweis

Trotz der positiven Entscheidungsgrundsätze bleibt eine sorgfältige Dokumentation der Ausfuhrprozesse empfehlenswert. Abholfälle oder Transporte, die vom Kunden organisiert werden, erfordern weiterhin klare interne Abläufe, um Unstimmigkeiten frühzeitig zu erkennen. Fehlen dennoch Nachweise, kann das Urteil eine wichtige Argumentationshilfe sein, um die Steuerbefreiung in Prüfungs- oder Einspruchsverfahren zu sichern – sofern objektiv feststeht, dass die Ware das Unionsgebiet verlassen hat.

Bildnachweis:thitivong/Stock-Fotografie-ID:1532741041

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