Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen bei Home-Office und mobiler Arbeit

05.07.2019
Arbeitsrecht
6 Minuten

Arbeiten von unterwegs oder von zuhause erfreut sich sowohl unter Arbeitnehmern als auch bei Arbeitgebern immer größerer Beliebtheit. Für Arbeitnehmer bedeutet die Möglichkeit außerhalb des Betriebes zu arbeiten mehr Flexibilität und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Für Arbeitgeber entsteht die Möglichkeit, Ressourcen zu sparen. Zudem profitieren sie regelmäßig auch von einer gesteigerten Zufriedenheit auf Arbeitnehmerseite. Sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite bestehen jedoch in rechtlicher Hinsicht (insb. im Arbeits-, Sozialversicherungs- und Datenschutzrecht) erhebliche Unsicherheiten. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige Problempunkte vor, geben Hinweise zur einschlägigen Rechtsprechung und Empfehlungen zum Umgang in der Praxis.

Die oft als Synonyme verwendeten Begriffe „Home-Office“ und „mobile Arbeit“ haben tatsächlich unterschiedliche Bedeutungen. Ein „Home-Office“ liegt vor, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen festen externen Arbeitsplatz einrichtet und der Arbeitnehmer von diesem Arbeitsplatz aus (außerhalb des Betriebes) arbeitet. Im Unterschied hierzu bedeutet „mobiles Arbeiten“, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erlaubt, seine Arbeit auch außerhalb des Betriebes zu erbringen, ohne jedoch einen Arbeitsplatz festzulegen und einzurichten.

1. Arbeitsrechtliche Aspekte

Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nur von zuhause oder mobil erbringen, wenn ihm dies arbeitsvertraglich, durch eine Betriebsvereinbarung oder aber durch den Arbeitgeber im Einzelfall gestattet ist. Auch wenn dies immer wieder Bestandteil politischer Diskussionen ist, haben Arbeitnehmer derzeit keinen gesetzlichen Anspruch auf Home-Office oder mobile Arbeit.

Praxistipp

Entscheidet sich der Arbeitnehmer eigenmächtig – ohne vorherige Genehmigung des Arbeitgebers – von einem anderen als dem vertraglich geregelten Arbeitsort aus tätig zu werden, so stellt dies regelmäßig eine Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten dar, die mit einer Abmahnung sanktioniert werden kann.

Mobiles Arbeiten ist unter Arbeitnehmern beliebt, weil es eine flexiblere Tagesgestaltung zulässt. Die Arbeit im Home-Office kann (insbesondere für Pendler) einen erheblichen Zeitgewinn ermöglichen, weil die Fahrten zur Arbeitsstätte und wieder nach Hause eingespart werden können. Oft übersehen wird jedoch, dass Arbeitnehmer auch bei der Arbeit von zu Hause oder von unterwegs den gleichen Arbeitsumfang und die gleiche Leistungsqualität schulden, wie bei der regulären Arbeit im Betrieb. Das Arbeitszeitgesetz gilt in gleichem Umfang auch für die mobile Arbeit oder das Home-Office. Mithin dürfen Arbeitnehmer regelmäßig nicht mehr als acht Stunden (höchstens jedoch zehn Stunden) täglich arbeiten. Darüber hinaus müssen auch Pausenzeiten und die Ruhezeit (elf Stunden zwischen Arbeitsende und erneutem Arbeitsbeginn) eingehalten werden. Gerade dies ist in Zeiten von geschäftlichen Smartphones und mobiler Arbeit aber in der Praxis derzeit schwer zu gewährleisten. Das Arbeitszeitgesetz unterscheidet insoweit nicht zwischen sehr kurzer und länger andauernder Arbeit. Wie also soll Beginn und Ende des Arbeitstages festgesetzt werden, wenn der Arbeitnehmer jederzeit – auch zu später Stunde und nach Ende der regulären Arbeitszeit – geschäftliche E-Mails empfängt und liest? Eine rechtskonforme mobile Tätigkeit ist derzeit tatsächlich in den meisten Fällen nicht möglich, ohne dass Sinn und Zweck der mobilen Arbeit torpediert werden. Eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes erscheint notwendig.

Da der Arbeitgeber zum einen ein erhebliches Interesse an einem rechtskonformen Vorgehen hat, andererseits aber regelmäßig auch aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktsituation (potentiellen) Arbeitnehmern flexible Arbeitszeitmodelle anbieten muss, entsteht eine gewisse Drucksituation eine für beide Seiten vertretbare Lösung zu finden. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise auch von Bedeutung, dass der Arbeitgeber auch beim Vorliegen mobiler Arbeit dafür verantwortlich ist, die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sicherzustellen. Dazu gehört neben den oben genannten Punkten insbesondere auch die Pflicht, die über acht Stunden hinausgehende Arbeitszeit zu dokumentieren. Zwar kann der Arbeitgeber diese Pflicht derzeit an den Arbeitnehmer delegieren, allerdings besteht hier aufgrund des jüngsten Urteils des EuGH (Az.: C-55/18), wonach Arbeitgeber die tatsächliche Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer dokumentieren müssen (wir berichteten darüber in unserem Sonderrundschreiben 5/2019) ebenfalls eine erhebliche Unsicherheit. Insoweit bleibt die derzeit angestrebte Änderung des Arbeitszeitgesetzes abzuwarten.

Richtet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Home-Office ein, so ist er außerdem dafür verantwortlich, dass der Arbeitsplatz den Anforderungen des Arbeitsschutzes genügt. Im Gegensatz hierzu muss der Arbeitgeber bei mobiler Arbeit den Arbeitnehmer lediglich auf etwaige Sicherheitsrisiken hinweisen und Arbeitsmittel zur Verfügung stellen, von denen keine Gefahren für den Arbeitnehmer ausgehen.

Praxistipp

Um Unklarheiten vorzubeugen sollte die Möglichkeit zum Home-Office oder mobiler Arbeit verbindlich geregelt werden. Dies kann im Rahmen des Arbeitsvertrages oder durch unternehmensinterne Richtlinien geschehen. Regelungsinhalte sollten insbesondere die Arbeitszeit, Zugangsrechte, Ausstattung des Arbeitsplatzes, etwaige Kostentragung, Haftung für Schäden an Arbeitsmitteln und eine Widerrufsmöglichkeit des Home-Office sein.

2. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

In sozialversicherungsrechtlicher Sicht ist hinsichtlich ortsungebundener Arbeit in der Praxis insbesondere die Frage, wann ein Arbeitsunfall außerhalb des Betriebes vorliegt, hoch problematisch und beschäftigt daher auch regelmäßig die Sozialgerichte.

Gemäß § 8 Abs. 1 S.1 SGB VII ist ein Arbeitsunfall ein Unfall eines Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit. Dabei sind auch sogenannte Betriebswege – d.h. Wege, die der versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmt sind – als Bestandteile der versicherten Tätigkeit anzusehen. Sie müssen sich der versicherten Tätigkeit nicht direkt anschließen oder ihr vorausgehen und können auch außerhalb der Betriebsstätte stattfinden.

Probleme bereitet die Frage des Unfallversicherungsschutzes jedoch regelmäßig, wenn es zu Unfällen von Arbeitnehmern in der eigenen Wohnung kommt. Im Grundsatz beginnt und endet der Unfallversicherungsschutz für Arbeitnehmer mit Durchschreiten der Außentür ihres Wohngebäudes. Diese Grenzziehung gilt jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn sich die Wohnung und Arbeitsstätte im selben Gebäude befinden. In diesen Fällen ist Voraussetzung für den Unfallversicherungsschutz zunächst, dass die Wohnung ganz oder teilweise der arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsort ist. Darüber hinaus muss aber genau abgegrenzt werden, ob ein Weg oder eine Tätigkeit im betrieblichen oder im privaten Interesse des Arbeitnehmers lag.

Während das Bundessozialgericht für die Beantwortung dieser Frage in der Vergangenheit für maßgeblich hielt, ob der Unfallort überwiegend zu betrieblichen oder zu privaten Zwecken genutzt wurde bzw. wie der Unfallort gewidmet war – als Privatraum oder als Arbeitsort – und dies besonders in Fällen, in denen Arbeitnehmer z.B. bei der Wahrnehmung von Rufbereitschaft in ihrer Wohnung gestürzt waren, zu unbefriedigenden Ergebnissen führte, hat es diese Rechtsprechung inzwischen aufgegeben. Nunmehr ist das entscheidende Abgrenzungskriterium des BSG die objektive Handlungstendenz des Arbeitnehmers bei Ausführung der zum Unfall führenden Tätigkeit.

Nach der neueren BSG-Rechtsprechung soll ein Arbeitsunfall im häuslichen Bereich demnach vorliegen, wenn der Arbeitnehmer bei der zum Unfall führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Somit liegt ein versicherter Betriebsweg beispielsweise vor, wenn ein Arbeitnehmer von einem Messebesuch für seinen Arbeitgeber in sein Haus zurückkehrt und auf der zu seinem Arbeitszimmer führenden Treppe auf dem Weg zu einem verabredeten Telefontermin mit seinem Vorgesetzten stürzt. Begibt sich hingegen ein Arbeitnehmer beispielsweise von seinem häuslichen Arbeitsplatz in die Küche, um etwas zu trinken und kommt es dabei zu einem Unfall, so liegt kein versicherter Arbeitsunfall vor, weil die Verrichtung – etwas zu trinken – im privaten Interesse liegt.

Ein Sonderfall liegt vor, wenn Wege sowohl im privaten als auch im betrieblichen Interesse liegen und es dabei zu einem Unfall kommt – beispielsweise bei einem Gang zum Briefkasten, um private und geschäftliche Post einzuwerfen. Das BSG bejaht einen sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit insoweit nur, wenn der Weg hypothetisch auch ohne die private Motivation auch aufgenommen worden wäre; wenn also der Arbeitnehmer auch nur für die betriebliche Post zum Briefkasten gegangen wäre. Auch hier zeigt sich, dass die Abgrenzung zwischen privatem und betrieblichem Interesse oft problematisch ist.

3. Datenschutzrechtliche Aspekte

Auch an der Schnittstelle zwischen Arbeitsrecht und Datenschutzrecht gilt es einige Besonderheiten zu beachten. Diese sind nach Inkrafttreten der DSGVO und des neuen BDSG noch einmal verschärft bzw. konkretisiert worden. Arbeitnehmer arbeiten auch außerhalb des Betriebs regelmäßig (spätestens sobald der dienstliche E-Mail-Zugang genutzt wird) mit personenbezogenen Daten. Verantwortlich für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften ist jedoch – auch im Home-Office oder bei mobiler Arbeit – der Arbeitgeber.
In diesem Zusammenhang ist beispielsweise die Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen nach Art. 32 DSGVO zu beachten. Hiernach muss etwa gewährleistet sein, dass nur berechtigte Personen Zugang zu bzw. Einsicht in personenbezogene Daten haben. Im Home-Office hat dies zur Folge, dass beispielsweise Familienangehörigen der Zugang auf die betriebliche EDV oder betriebliche Unterlagen verwehrt werden muss. Darüber hinaus sollte – für den Fall, dass digitale Dokumente im Home-Office ausgedruckt werden – auch die Möglichkeit einer sicheren Aktenvernichtung gegeben sein.

Im Bereich der mobilen Arbeit sind ebenfalls geeignete Maßnahmen zu treffen, um Unbefugten die Einsicht in personenbezogene Daten zu verwehren. Dies ist bei der Arbeit am Laptop beispielsweise durch Anbringung einer Sicherheitsfolie oder bei kurzfristiger Abwesenheit durch Sperrung des Computers möglich. Insgesamt sollten Arbeitgeber auf datenschutzfreundliche Voreinstellungen auf mobilen Geräten achten.

Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer auch im Home-Office und bei mobiler Arbeit zum vertraulichen Umgang mit personenbezogenen Daten verpflichtet. Diese Pflicht ergibt sich zwar bereits als Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag (§ 241 Abs. 2 BGB), allerdings sollte der Arbeitnehmer (auch zu Dokumentationszwecken) zusätzlich schriftlich auf einen entsprechenden Umgang mit personenbezogenen Daten verpflichtet werden.

Praxistipp

Auch aus datenschutzrechtlicher Sicht sind Regelungen zum Home-Office bzw. mobiler Arbeit in Form von Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag, betriebsinternen Richtlinien oder Betriebsvereinbarungen dringend anzuraten. Darüber hinaus sollten die Mitarbeiter hinsichtlich des Umgangs mit personenbezogenen Daten sensibilisiert werden. Dies ist beispielsweise durch Vertraulichkeitsverpflichtungen (mit entsprechendem Merkblatt) und Schulungen möglich.

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