Bei der Klägerin handelt es sich um ein Ingenieurbüro für u.a. Wasserversorgungs- und Entsorgungsanlagen. Im zugrundeliegenden Sachverhalt waren die beiden Beklagten zu 13 % bzw. 26 % an der Klägerin beteiligt. Die restlichen Geschäftsanteile hielt der Geschäftsführer der Klägerin. Zugleich waren die Beklagten als Ingenieure bei der Klägerin angestellt und verfügten jeweils über Prokura. Nach der Satzung der Klägerin bestand gegenüber allen Gesellschaftern – also unabhängig von der Höhe der Beteiligung – ein Wettbewerbsverbot. Die Beklagten kündigten am 07.11.2014 jeweils ihren Anstellungsvertrag und arbeiteten in der Folge für ein Konkurrenzunternehmen der Klägerin, welches die Ehefrauen der Beklagten gründeten. Die Folge davon war, dass mehrere Kunden der Klägerin zu diesem Unternehmen wechselten. Daraufhin kündigten die Beklagten am 16.12.2014 auch ihr Gesellschaftsverhältnis zum Ende des folgenden Jahres auf. Die Klägerin nahm die Beklagten auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch.
Die Klage hatte vor dem zunächst angerufenen Landgericht keinen Erfolg. Das OLG bestätigte nun diese Entscheidung. Für die Zeit nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse zwischen der Klägerin und den Beklagten sei das vereinbarte Wettbewerbsverbot sittenwidrig und damit nichtig. Das grundsätzlich berechtigte Interesse einer Gesellschaft zu verhindern, dass ein Gesellschafter sie von innen her aushöhlt oder gar zerstört und damit einen leistungsfähigen Wettbewerber zugunsten seiner eigenen Konkurrenztätigkeit ausschaltet, rechtfertige – jedenfalls nach dem Ausscheiden der Beklagten als Arbeitnehmer der Klägerin – das Wettbewerbsverbot für die Beklagten nicht (mehr). Maßstab für das aus der Gesellschafterstellung folgende Gefahrenpotential für die Interessen der Gesellschaft sei die innere Stellung des Gesellschafters, aufgrund derer ihm die Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft möglich ist und die damit zugleich das Maß seiner Treuepflicht bestimmt. Je nach Umständen des Einzelfalles könne auch ein Minderheitsgesellschafter einen solchen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben. Nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse bestand dem Gericht zufolge vorliegend jedoch keine Gefahr mehr, dass diese die Gesellschaft von innen aushöhlen und infolge ihrer verbleibenden Gesellschafterstellung ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage berauben könnten. Die Beklagten verfügten weder einzeln noch gemeinsam über eine Mehrheitsbeteiligung noch über Sonderrechte, aufgrund derer ihnen ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschäftsführung zukam. Die Satzung enthalte auch keine Klauseln, aufgrund derer eine einstimmige Beschlussfassung notwendig ist, sodass den Beklagten eine Blockade strategisch wichtiger Unternehmensentscheidungen nicht möglich gewesen sei. Über die schutzwürdigen Interessen der Klägerin gehe das Wettbewerbsverbot schon deshalb hinaus, weil dieses Verbot umfassend sei. Dies lasse sich nur unter besonderen Voraussetzungen rechtfertigen, die hier nicht vorliegen. Zudem könne der Kunden- bzw. Mandantenstamm regelmäßig durch eine Kundenschutzklausel hinreichend geschützt werden.
Praxishinweis
Bei der Formulierung von Wettbewerbsverboten sollten möglicherweise betroffene Minderheitsgesellschafter besonders beachtet werden. Wettbewerbsverbote gegenüber Minderheitsgesellschaftern sind nur dann zulässig, wenn diese die Gesellschaft relevant beeinflussen können (z.B. über Vetorechte oder Mehrstimmrechte).
Darüber hinaus müssen auch räumliche, sachliche und zeitliche Aspekte berücksichtigt werden. So wäre ein deutschlandweites Wettbewerbsverbot bei einer nur örtlich begrenzt tätigen Gesellschaft unangemessen.