Erzielt ein Unternehmen über Jahre erhebliche Verluste, ohne dass Maßnahmen ergriffen und umgesetzt werden können, um die Ertragslage zu verbessern, können die Verluste nach einer Anlaufphase als Liebhaberei eingestuft werden und sind damit ab diesem Zeitpunkt steuerlich nicht mehr anzuerkennen.
Begründet wird diese restriktive Haltung der Finanzverwaltung damit, dass die steuerlich relevante Erzielung von Einkünften überhaupt eine Einkünfteerzielung ausgerichtete Tätigkeit voraussetzt. Fehlt die Einkünfteerzielungsabsicht, spricht man von Liebhaberei. Es ist dann anzunehmen, dass die Verluste aus privaten Gründen in Kauf genommen werden. Eine steuerliche Berücksichtigung scheidet aus.
In einem aktuellen Urteil hat das Finanzgericht München wie folgt entschieden. Es ging um ein nebenberuflich seit 2007 in einem kleinen Wintersportort betriebenes Modegeschäft für hochwertige Damen- und Herrenmode, in dem auch Arbeitnehmer beschäftigt wurden, u. a. eine Freundin. Von 2007 bis 2017 erzielte das Geschäft Verluste von 800 T€. Das Finanzamt erkannte die Verluste bis einschließlich 2012 an, danach allerdings nicht mehr. Im Jahr 2018 stellte die Antragstellerin den Betrieb des Modegeschäftes ein.
Das Finanzgericht München hat die Entscheidung u.a. wie folgt begründet:
Die Berücksichtigung von Verlusten setzt voraus, dass der Steuerpflichtige über die gesamte Dauer seiner Tätigkeit einen „Totalgewinn“ erzielen will. Dabei kommt es nicht nur auf dessen Absicht an; denn diese ist schwer überprüfbar. Es sind äußere Merkmale zu prüfen, nämlich der Erfolg und die Art der Tätigkeit. Daher ist zu ermitteln, ob der Betrieb überhaupt geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften.
Bei einem Verlustbetrieb ist zu prüfen, ob die Tätigkeit der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb des Steuerrechts dient oder ob die Verluste aus persönlichen Gründen hingenommen werden. Ist beides nicht der Fall, kann aus dem Umstand, dass auf die Verluste nicht mit geeigneten Umstrukturierungsmaßnahmen reagiert wird, auf das Fehlen einer Totalgewinnabsicht geschlossen werden.
Im Streitfall wurden jahrelang Verluste hingenommen, ohne hierauf mit Umstrukturierungsmaßnahmen reagiert oder ein schlüssiges Betriebskonzept erstellt zu haben. Spätestens 2013 hätte man erkennen müssen, dass der kleine Wintersportort nicht geeignet ist, um hochwertige Mode zu verkaufen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Unternehmerin die Verluste mit ihren übrigen Einkünften verrechnen konnte. Hinzu kommt, dass sie in dem Geschäft eine Freundin beschäftigte, das Betriebsfahrzeug auch für Privatfahrten nutzen konnte und sie über ihr Geschäft am sozialen Leben im Wintersportort, z. B. in der dortigen Wirtschaftsgemeinschaft „Die Kaufleute“ teilnehmen konnte.
Sobald das Finanzamt Zweifel an der Einkünfteerzielungsabsicht hat, erlässt es die Steuerbescheide hinsichtlich der Verluste nur noch vorläufig. Stellt sich später heraus, dass tatsächlich keine Gewinne erzielt werden, werden die Steuerbescheide zu Ungunsten des Steuerpflichtigen geändert und Steuern zuzüglich Zinsen nachgefordert.
Tipp: Da die Dauer der Anlauf- oder Aufbauphase bei Neugründungen für jeden Betrieb individuell und branchentypisch ist, gibt es keine feste Zeitbegrenzung für die Berücksichtigung anfänglicher Verluste. Es wird für gewöhnlich ein Zeitraum von mindestens fünf Jahren in Betracht kommen. Danach wird das Finanzamt allerdings Umstrukturierungsmaßnahmen erwarten. Um die steuerliche Abzugsfähigkeit von Verlusten nicht zu gefährden, werden, dass das Unternehmen nach Ablauf der Aufbauphase Gewinn erwirtschaftet.