Veräußert eine Kommanditgesellschaft ihr gesamtes Gesellschaftsvermögen, ist für die Wirksamkeit des Übertragungsvertrages keine Zustimmung der Gesellschafterversammlung mehr erforderlich. Dies hat der BGH mit Beschluss vom 15.02.2022 entschieden (Az. II ZR 235/20).
§ 179a AktG bestimmt, dass bei der Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens die Aktiengesellschaft dazu verpflichtet ist, sich die Zustimmung der Aktionäre in einem Hauptversammlungsbeschluss einzuholen; andernfalls ist der Übertragungsvertrag unwirksam.
Für die Kommanditgesellschaft sieht das Gesetz dies nicht vor. Jedoch wurde § 179a AktG auf die Kommanditgesellschaft bislang analog, also entsprechend, angewandt. Der BGH hat diese Rechtsprechung verworfen. § 179a AktG ist auf die Kommanditgesellschaft nicht mehr anzuwenden.
Eine Analogie setzt voraus, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke aufweist und der zu beurteilende Sachverhalt vergleichbar mit dem vom Gesetz geregelten Sachverhalt ist, also eine vergleichbare Interessenlage besteht.
Diese Voraussetzungen einer Analogie hat der BGH nun verneint. Es bestehen strukturelle Unterschiede zwischen der Aktiengesellschaft und der Kommanditgesellschaft. Im Unterschied zu der auf Machtbalance der einzelnen Organe abzielenden und die Aktionäre von der unmittelbaren Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausschließenden Verfassung der Aktiengesellschaft, sei der Einfluss der Kommanditisten auf die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft deutlich größer, so der BGH.
Bei der Kommanditgesellschaft wird die gesellschaftsinterne Kontrolle der Geschäftsführung bei Gesamtvermögensgeschäften zudem bereits durch den Beschlussvorbehalt des § 116 Abs. 2 HGB sichergestellt. Zur Vornahme eines über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehenden Geschäfts muss die Geschäftsleitung bei der Kommanditgesellschaft grundsätzlich einen zustimmenden Beschluss sämtlicher Gesellschafter unter Einschluss der Kommanditisten einholen, §§ 116 Abs. 2, 119 Abs. 1, 161 Abs. 2, 164 HGB. Hierdurch sei eine rechtzeitige Beteiligung der Gesellschafter sichergestellt. Konsequenzen für die Wirksamkeit des Vertrages hat ein Verstoß gegen den Beschlussvorbehalt hingegen in den meisten Fällen nicht, außer die Grenzen zum Missbrauch der Vertretungsmacht wurden überschritten.
Im Jahr 2019 ist der BGH bereits von der analogen Anwendung des § 179a AktG auf die GmbH abgerückt (BGH, Urt. v. 8.01.2019, Az. II ZR 364/18). Nun endet auch die Anwendung der Norm auf die Kommanditgesellschaft. Die Rechtssicherheit wird hierdurch erhöht, da das Gesamtvermögensgeschäft nicht mehr an einer fehlenden Zustimmung der Gesellschafterversammlung scheitert.