Unter einer Funktionsverlagerung versteht man die Übertragung einer unternehmerischen Funktion (z. B. Produktion, Vertrieb oder Forschung & Entwicklung) samt der dazugehörigen Chancen und Risiken von einem Unternehmen im Inland auf ein verbundenes Unternehmen im Ausland. Dies kann steuerlich relevant sein, weil die Finanzverwaltung darin regelmäßig eine „Übertragung von Gewinnpotenzialen“ sieht, die zu einer Entschädigungszahlung führen soll.
Mit Urteil vom 13. Juni 2024 (Az. 13 K 2752/20, rechtskräftig) hat das Finanzgericht Köln nun ein wegweisendes Urteil gefällt, das die Spielräume der Finanzverwaltung klar einschränkt und die Position von Steuerpflichtigen im Bereich der Verrechnungspreise stärkt.
Tatsächliche Funktionsausübung erforderlich: Eine Funktionsverlagerung liegt nur dann vor, wenn die betreffende Funktion tatsächlich zuvor in Deutschland ausgeübt wurde.
Keine reine Zurechnung: Die bloße Behauptung der Finanzverwaltung, eine ausländische Tochtergesellschaft sei nur Auftragsfertiger, reicht nicht aus, wenn die tatsächliche Tätigkeit etwas anderes zeigt.
Abgrenzung durch „organischen Teil“: Damit eine Funktion vorliegt, muss eine organisatorische Selbständigkeit und Abgrenzung gegeben sein. Einzelne Tätigkeiten („jeder Handschlag“) genügen nicht.
Beweislast liegt bei der Finanzverwaltung: Kann die Finanzverwaltung das Vorliegen einer Funktionsverlagerung nicht nachweisen, trifft den Steuerpflichtigen auch keine Pflicht zur Vorlage einer entsprechenden Dokumentation.
Für international tätige Unternehmen bedeutet das Urteil mehr Rechtssicherheit:
Eine Funktionsverlagerungsdokumentation muss nur erstellt werden, wenn tatsächlich eine Verlagerung vorliegt – und dies durch die Finanzverwaltung nachgewiesen werden kann.
Vertragsgestaltung und tatsächliche Abläufe gewinnen noch mehr an Bedeutung, da sie im Streitfall den entscheidenden Beweis liefern können.
Unternehmen können sich im Rahmen von Betriebsprüfungen stärker gegen pauschale Zurechnungen durch die Finanzverwaltung wehren.
Das FG Köln hat die Hürden für die Annahme einer Funktionsverlagerung deutlich erhöht. Für die Praxis heißt das: Wer seine konzerninternen Abläufe und Verträge sauber dokumentiert, kann Betriebsprüfungen gelassener entgegensehen. Unternehmen sollten daher ihre Prozesse und Funktionsprofile regelmäßig überprüfen, um im Falle einer Diskussion mit der Finanzverwaltung gut gewappnet zu sein. Weiterhin zeigt das Urteil des Finanzgerichts Köln eindrucksvoll, dass es sich auch bei Streitigkeiten über Verrechnungspreise durchaus lohnt den Finanzgerichtsweg zu beschreiten.
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