Die Bundesregierung hat am 30. August 2023 einen Gesetzesentwurf namens "Wachstumschancengesetz" verabschiedet und in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Dieses Gesetz zielt darauf ab, die deutsche Wirtschaft in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, wie der Corona-Pandemie und dem russischen Überfall auf die Ukraine, zu stärken. Es sollen Maßnahmen ergriffen werden, um das Wachstum, Investitionen in neue Technologien und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu fördern.
Ein wichtiger Teil dieses Gesetzes betrifft steuerliche Änderungen, die darauf abzielen, das Steuersystem zu vereinfachen und kleine Unternehmen zu entlasten. Dazu gehören Maßnahmen zur Förderung von Forschung, Verbesserungen beim steuerlichen Verlustabzug und Reformen der Körperschaftsbesteuerung.
Das Gesetz betrifft auch das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz. Eine Änderung betrifft die beschränkte Erbschaftsteuerpflicht und den Anspruch auf Vermächtnisse. Hier geht es darum, wer in Deutschland Steuern zahlen muss, wenn Vermögenswerte von Ausländern erworben werden. Das Gesetz gleicht die Besteuerung von inländischen und ausländischen Erben an und erweitert die Definition von Vermögenswerten, die der Besteuerung unterliegen.
Eine weitere Änderung betrifft die Frage, wer die Steuern zahlen muss. Normalerweise sind die Erben dafür verantwortlich, aber in bestimmten Fällen können auch die Schenker oder andere Beteiligte zur Kasse gebeten werden. Das Gesetz ändert diese Regelungen, um sicherzustellen, dass Steuern nicht umgangen werden, wenn Vermögen ins Ausland übertragen wird.
Um den Verwaltungsaufwand für Finanzämter und Bürger zu reduzieren, erhöht das Gesetz die Grenze, bis zu der keine Haftung für Steuern besteht. Dies bedeutet, dass kleinere Beträge ins Ausland transferiert werden können, ohne dass eine Haftung für Steuern besteht.
Diese Änderungen sollen die Bürokratie reduzieren und sicherstellen, dass Erben schneller auf ihr erworbenes Vermögen zugreifen können.
Gemäß dem Wachstumschancengesetz-E wird die Abgabenordnung um einen neuen § 14a erweitert, der sich mit Personenvereinigungen beschäftigt. Personenvereinigungen sind Zusammenschlüsse von Menschen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die einen gesetzlich erlaubten Zweck verfolgen. Einige Beispiele für solche rechtsfähigen Personenvereinigungen sind Vereine ohne eigene Rechtspersönlichkeit, rechtsfähige Personengesellschaften, Handelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, Partenreedereien, Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen und Wohnungseigentümergemeinschaften. Es gibt auch nicht rechtsfähige Personenvereinigungen wie Bruchteilsgemeinschaften, Gütergemeinschaften und Erbengemeinschaften. Für nicht rechtsfähige Gesellschaften gelten ähnliche Regeln wie für nicht rechtsfähige Personenvereinigungen, außer in einem bestimmten Fall (§ 267 Abs. 1 Satz 1 AO).
Das Wachstumschancengesetz-E ändert auch § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO. Dadurch werden Vermögenswerte, die mehreren Personen gemeinsam gehören oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft gehören, anteilig den beteiligten Personen oder Gesellschaftern zugerechnet, wenn dies für die Besteuerung erforderlich ist. Für steuerliche Zwecke gelten rechtsfähige Personengesellschaften als Gesamthand, und ihr Vermögen wird als Gesamthandsvermögen betrachtet.
Das Wachstumschancengesetz-E führt einen neuen § 2a in das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz ein, der sich mit rechtsfähigen Personengesellschaften befasst. Für die Erbschafts- und Schenkungsteuer gelten rechtsfähige Personengesellschaften als Gesamthand, und ihr Vermögen wird als Gesamthandsvermögen behandelt. Wenn eine rechtsfähige Personengesellschaft Vermögen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Erbschaftsteuergesetzes erwirbt, werden ihre Gesellschafter als Erwerber betrachtet. Im umgekehrten Fall, wenn eine rechtsfähige Personengesellschaft Vermögen verschenkt, gelten ihre Gesellschafter als Schenker.
Diese Änderungen sind eine Anpassung an das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts von 2021 und führen das Prinzip der Transparenz und Gesamthand fort.
Nach dem Erbschaftsteuergesetz gilt als steuerpflichtiger Erwerb die Bereicherung des Empfängers, soweit sie nicht steuerfrei ist. In bestimmten Fällen wird der Erwerb von Anteilen an einer Personengesellschaft oder einer anderen gemeinsamen Einheit als Erwerb der darin enthaltenen Vermögenswerte betrachtet. Schulden und Verbindlichkeiten dieser Einheiten werden bei der Berechnung der Bereicherung des Empfängers berücksichtigt, wodurch nur der Nettovermögenserwerb als Grundlage für die Besteuerung dient.
Das Wachstumschancengesetz-E ändert auch § 10 Abs. 1 Satz 4 des Erbschaftsteuergesetzes, um es an das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts anzupassen. Die Änderung klärt, dass der Begriff "Personenvereinigung" sowohl rechtsfähige als auch nicht rechtsfähige Personenvereinigungen umfasst.
Im Erbschaftsteuerrecht gibt es bestimmte Vermögenswerte, die als Verwaltungsvermögen betrachtet werden und normalerweise nicht von Steuervorteilen profitieren. Diese Vermögenswerte müssen einzeln überprüft werden, auch wenn ihr Wert aus Verkäufen abgeleitet wurde oder auf einem Gutachten basiert.
Es ist wichtig zu beachten, dass ein Vermögenswert nicht automatisch vom Verwaltungsvermögen ausgeschlossen ist, nur weil er steuerlich als notwendiges Betriebsvermögen behandelt wird. Es bedarf einer speziellen Überprüfung im Erbschaftsteuerkontext.
Es gibt Ausnahmen vom steuerschädlichen Verwaltungsvermögen, die in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 des Erbschaftsteuergesetzes festgelegt sind. Eine Vermietung von Grundstücken und Gebäuden zum Zweck der Wohnungsvermietung ist keine Nutzung durch Dritte, wenn sie einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 14 der Abgabenordnung dient.
Das Wachstumschancengesetz-E passt § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe d des Erbschaftsteuergesetzes an die Änderungen im Personengesellschaftsrecht an. Es wird klargestellt, dass die von der Personengesellschaft erworbenen Rechte und Verbindlichkeiten zum Vermögen der Personengesellschaft gehören.
Beiträge an Personenvereinigungen, die nicht ausschließlich der Förderung ihrer Mitglieder dienen, sind bis zu 300 € im Jahr steuerfrei. Dies ist ein Freibetrag. Beiträge an rechtsfähige oder nicht rechtsfähige Vereine, die nicht gemeinnützig sind, oder solche, die nicht an politische Parteien oder kommunale Wählervereinigungen gerichtet sind, unterliegen der Schenkungsteuer, werden jedoch im Rahmen des Erbschaftsteuergesetzes steuerfrei gestellt.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Befreiungsbestimmungen des § 13 Abs. 1 Nr. 16 und 18 des Erbschaftsteuergesetzes Vorrang haben. Diese Bestimmungen befreien Zuwendungen an bestimmte Organisationen vollständig von der Schenkungsteuer.
Zunächst geht es um Änderungen beim Betriebsvermögen von Unternehmen und Organisationen. Gemäß § 97 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes betrifft ein "Gewerbebetrieb" auch Vermögenswerte, die anderen Arten von juristischen Personen, nicht eingetragenen Vereinen, Anstalten, Stiftungen und ähnlichen Vermögensmassen gehören. Diese Vermögenswerte gelten als Betriebsvermögen, wenn sie dazu dienen, wirtschaftliche Geschäftsaktivitäten außerhalb der Land- und Forstwirtschaft zu betreiben. Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften gehören nicht automatisch alle Vermögenswerte einer solchen juristischen Person zum Betriebsvermögen, sondern nur diejenigen, die tatsächlich für wirtschaftliche Geschäftsaktivitäten genutzt werden.
Ein "wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb" ist eine planmäßige und nachhaltige Aktivität, die darauf abzielt, Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile zu erzielen und über die einfache Vermögensverwaltung hinausgeht. Ein solcher Geschäftsbetrieb kann in Form eines Gewerbebetriebs oder eines anderen wirtschaftlichen Unternehmens auftreten. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht unbedingt Gewinnabsichten vorhanden sein müssen. Die einfache Vermögensverwaltung umfasst die Nutzung von Vermögenswerten, wie z.B. die Verzinsung von Kapitalvermögen, die Vermietung von Immobilien oder die Beteiligung an einem gemeinsam betriebenen Gewerbebetrieb als Mitunternehmer.
Für Vermögenswerte, die nicht für wirtschaftliche Geschäftsaktivitäten genutzt werden, erfolgt die Bewertung nach den Regeln, die für die jeweilige Art von Vermögen gelten.
Weitere Änderungen betreffen die Pflicht zur Erklärung, Verfahrensregeln und Fristen. Fristen. Die Bewertungsgesetz-Verfahren in den §§ 151 bis 156 regeln, welche Informationen zur Bewertung benötigt werden und wie diese am besten und zuverlässig bereitgestellt werden sollen. Die Pflicht zur Erklärung wurde bewusst darauf ausgerichtet, dass diejenigen Personen, die über die relevanten Informationen verfügen, die Erklärungen abgeben, insbesondere wenn der Steuerschuldner keinen Zugriff auf die relevanten Dokumente und Informationen hat. Dies dient der Genauigkeit der Bewertung. Grundsätzlich muss die Person, die am besten informiert ist, die Erklärung abgeben.
Das Wachstumschancengesetz-E ergänzt den § 153 BewG um die Regelung, dass in Fällen, in denen der Feststellungsgegenstand einer Personengesellschaft zuzuordnen ist, die Feststellungserklärung vorrangig von der Gesellschaft angefordert werden sollte. Dies soll die Verfahren vereinfachen und bedeutet, dass andere Beteiligte nur dann zur Erklärung verpflichtet sind, wenn ihre individuelle Steuerfestsetzung von Bedeutung ist. Dies gilt auch, wenn der Feststellungsgegenstand ein Anteil am Betriebsvermögen ist.
§ 154 BewG regelt, wer im Feststellungsverfahren beteiligt ist. Dies betrifft Personen oder Organisationen, deren Vermögenswerte bewertet werden müssen. Der Begriff "Beteiligter" ist wichtig, da damit bestimmte Rechte, Pflichten und Mitwirkungspflichten verbunden sind. Ein Beteiligter ist die Person oder Organisation, der der Feststellungsgegenstand zugeordnet ist, die vom Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert wurde, oder die Person, die Steuern schuldet und deren Festsetzung von Bedeutung ist.
Das Wachstumschancengesetz-E ändert § 154 BewG redaktionell, um die Anpassungen im Abgabenverfahrensrecht, die durch das MoPeG eingeführt wurden, widerzuspiegeln. Diese Änderungen treten am 1. Januar 2024 in Kraft.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Entwurf des Wachstumschancengesetzes einige wichtige Änderungen in den Steuergesetzen mit sich brngt. Diese Änderungen sind vielfältig und betreffen nicht nur die Abgabenordnung, sondern auch verschiedene Steuergesetze, die die finanzielle Lage von Unternehmen verbessern sollen. Darüber hinaus gibt es Anpassungen im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht sowie im Bewertungsrecht. Diese Anpassungen sind größtenteils darauf ausgerichtet, einzelne Bestimmungen an das neue Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts anzupassen, das ab 2024 in Kraft tritt. Sie sollen auch auf jüngste Entscheidungen des Bundesfinanzhofs reagieren und die Verwaltungsvorschriften vereinfachen, indem eine Grenze für die Steuerschuldnerschaft und Haftung deutlich angehoben wird.
Es bleibt jedoch abzuwarten, in welcher Form das Gesetz bis zum Ende des Jahres im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
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