Mit Urteil vom 25.01.2021 (Az. 44 O 52/20 KfH) hat das Landgericht Stuttgart klargestellt, dass die vom Gesetzgeber geschaffenen Erleichterungen für Gesellschafterbeschlüsse der GmbH im Umlaufverfahren nicht gelten, wenn die Satzung Einstimmigkeit für das Umlaufverfahren vorsieht.
In dem Verfahren vor dem LG Stuttgart ging es um die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers im Wege des Umlaufverfahrens. Es hatte sich zwar eine Mehrheit der Gesellschafter für die Abberufung ausgesprochen. Im Gesellschaftsvertrag war allerdings vorgesehen, dass alle Gesellschafter der Beschlussfassung zustimmen müssen. Dies war nicht geschehen. Daraufhin erwirkte der betroffene Geschäftsführer eine einstweilige Verfügung, mit der die Gesellschaft verpflichtet wurde, ihm einstweilen sämtliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse zu belassen und ihm ungehinderten Zugang zu den Geschäftsräumen zu gewähren. Gegen diese Entscheidung legte die Gesellschaft Widerspruch ein. Die Gesellschaft berief sich darauf, dass durch § 2 COVMG, wonach Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden können, die Regelung im Gesellschaftsvertrag modifiziert worden sei. Eine Zustimmung sämtlicher Gesellschafter sei daher nicht erforderlich.
Das Landgericht bestätigte die einstweilige Verfügung. § 2 COVMG ändere lediglich die gesetzliche Bestimmung des § 48 Abs. 2 GmbHG. Der grundsätzliche Vorrang der Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages bleibe jedoch bestehen. Eine ergänzende Vertragsauslegung, wonach es dem Willen der Gesellschafter entsprochen hätte, im Falle einer Pandemie per Mehrheitsbeschluss im Umlaufverfahren zu entscheiden, lehnte das Gericht zudem ab. Auch wenn es sich vorliegend um eine internationale Gesellschaft mit weit verstreutem Gesellschafterkreis handele, haben sich die Gesellschafter dafür entscheiden, dass ein Umlaufverfahren nur bei Einstimmigkeit durchgeführt werden kann.
Praxishinweis:
Zu der Frage, inwieweit die Regelung des § 2 COVMG die Satzungsregelungen verdrängt oder modifiziert, gibt es auch gegenteilige Entscheidungen. Insofern kommt es hierbei auch auf die konkrete Satzungsregelung an. Eine Berücksichtigung des § 2 COVMG hat jedenfalls dann zu erfolgen, wenn die Satzungsregelung lediglich den Gesetzestext des § 48 Abs.2 GmbHG, wonach es der Abhaltung einer Versammlung nicht darf, wenn sämtliche Gesellschafter in Textform mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen sich einverstanden erklären, wiedergibt. In diesen Fällen liegt keine inhaltlich eigenständige, abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag vor.