Für die steuerliche Anerkennung von Veräußerungsverlusten nach § 17 EStG im Zusammenhang mit Überpari-Emissionen von Geschäftsanteilen an Kapitalgesellschaften ist es wichtig zu beachten, dass bei der Prüfung, ob die Absicht zur Erzielung von Einkünften besteht, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft nach § 17 EStG verkauft werden, immer auf die Gesamtbeteiligung abzustellen ist. Eine isolierte Betrachtung eines einzelnen verkauften Geschäftsanteils ist nicht zulässig. Dies bedeutet, dass man die Einkünfteerzielungsabsicht für alle gehaltenen Anteile betrachten muss, obwohl jeder Anteil als eigenständiges Wirtschaftsgut gilt. Nur wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Absicht zur Erzielung von Einkünften fehlt, kann diese Absicht insgesamt verneint werden.
Des Weiteren ist zu beachten, dass vor einer Gesetzesänderung in § 17 Absatz 2a EStG das für einen bestimmten Geschäftsanteil gezahlte Aufgeld (Agio) die Anschaffungskosten dieses Anteils erhöhte, auch wenn die Summe aus dem Nennbetrag und dem Agio den Verkehrswert des Anteils überstieg. Dies führte dazu, dass die Anschaffungskosten eines Anteils höher sein konnten als sein tatsächlicher Wert. Die gezielte Veräußerung eines solchen Anteils mit einem Verlust, der durch das Aufgeld verursacht wurde, galt nicht automatisch als missbräuchlich nach § 42 der Abgabenordnung (AO).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch in einem Urteil vom 3. Mai 2023 (Az. IX R 12/22, DStR 2023, 1763) entschieden, dass in einem konkreten Fall Veräußerungsverluste im Sinne von § 17 EStG anerkannt werden können. In diesem Fall hatte eine Person eine GmbH gegründet und einen Geschäftsanteil erworben, für den ein erhebliches Aufgeld gezahlt wurde. Anschließend veräußerte sie einen Teil der Anteile zu einem niedrigeren Preis, was zu einem Verlust führte. Dies wurde vom BFH als nicht rechtsmissbräuchlich angesehen, selbst wenn die Absicht, Verluste zu generieren, offensichtlich war.
Zusätzlich ist zu beachten, dass die Regelungen zur Verteilung des Aufgelds auf sämtliche Anteile nach § 17 Absatz 2a EStG erst auf Veräußerungen anzuwenden sind, die nach dem 31. Juli 2019 stattgefunden haben. Dies ergibt sich aus § 52 Absatz 25a EStG. Diese Regelung hat nicht nur klärende Bedeutung, sondern ist grundlegend für die steuerliche Behandlung von Überpari-Emissionen.
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